100 Jahre Wasserkraftwerk – Tag der offenen Tür
Am Samstag, 06.07.2024 öffnet im Rahmen des Angelfestes am Wassertretbecken von 12:00 – 17:00 Uhr unser Wasserkraftwerk in der Au seine Pforten. Unser Technischer Mitarbeiter Max Ernst steht Ihnen für Erläuterungen an diesem Nachmittag zur Verfügung.
Die offizielle Begrüßung durch Bürgermeisterin Bettina Kist erfolgt um 13:00 Uhr. Danach geht es ab 14 Uhr mit ihr auf eine gemeinsame Wanderung am Energiepfad (ca. 8 km), der in den letzten Monaten von einer ehrenamtlichen Bürgerarbeitsgruppe überarbeitet wurde.
Gleichzeitig hat das im Wasserkraftwerk seit dem Jahr 2012 beheimatete Elektromuseum geöffnet. Damals wurde das Projekt von Willi Berdon ins Leben gerufen. Seiter werden seine seit den 60er-Jahren gesammelten Exponate ausgestellt. Hans Striebel, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Bühl, wandte sich im Jahr 2009 mit der Frage an Oliver Rastetter, ob es in Lauf geeignete Räumlichkeiten für die Sammlung von Willi Berdon gäbe. Mit dem Wasserkraftwerk, dem Energiepfad und dem Elektromuseum wird in Lauf seither die Elektrotechnik erlebbar. Viele Schulklassen haben in der Folge das Museum besucht.
Ausgestellt werden elektrische Gerätschaften von Elektroinstallationen im Zählerwesen bis hin zu Werkzeugen und Materialien, die vor gut 100 Jahren aktuell in Gebrauch waren. Des Weiteren sind historische Radios, Telefonanlagen und weitere Elektrogeräte ausgestellt.
Wussten Sie, dass die Holzwasserleitung, die vom Stausee der Glashütte zum Wasserkraftwerk führt, schon im letzten Jahr seinen 100. Geburtstag feiern konnte?
Sie ist die erste große Holzrohrleitung mit einer Länge von 1.900 Metern und einem Durchmesser von 0,5 Metern. Dies ist auf einem großen Felsen am Energiepfad nachzulesen. Im Jahr 1945 wurden die Holzrohre durch Schleuderbetonrohre ersetzt.
Auszug aus dem Buch “Lauf erinnert sich” von Paul Hund
“Da im Ortsteil Glashütte viele kleinere Quellflüsse zusammenkommen und den Laufbach bilden, überlegten die Verantwortlichen der Gemeinde Lauf, wie man diese Gewässer stauen und zu Strom umwandeln könne. Es bot sich die Anlegung eines Stausees in der Glashütte an. Das im Staubecken gesammelte Wasser wird mittels einer Rohrleitung zu Tal gebracht, um dort über eine Turbine führend, Strom zu erzeugen.
Unterm 22.10.1922 beschloss der Bürgerausschuss die Erstellung eines Kraftwerkes in der Au.
Nach einem Erlass des Arbeitsministeriums vom 23.02.1923 wurde dazu die Genehmigung erteilt. Zur Finanzierung dieser Maßnahme wurde unterm 17.11.1922 ein außerordentlicher Holzhieb beschlossen, der jedoch nicht ausreichte, da durch die Inflation die Kosten in Billionen berechnet wurden. Um dieses Problem in Griff zu bekommen, wurde am 26.03.1923 eine Finanzkommission gebildet. Am 01.06.1923 hatte der Bürgerausschuss zu befinden, ob man mit den Nachbargemeinden Neusatz, Ottersweier, Obersasbach, Sasbach und Sasbachwalden einen Zweckverband bilden solle, da das Bezirksamt Bedenken bezüglich der Finanzierung hatte. Eine Einigung mit den Nachbargemeinden wurde nicht erzielt, so dass die Gemeinde Lauf das Wasserkraftwerk allein erstellte.
Die Planung führte die Firma Ludin AG, Karlsruhe aus. Nun wurden die Staumauer und ein Erddamm aus Lehm errichtet, um das Wasser anstauen zu können. (Die Staumauer wird jährlich einer Prüfung unterzogen). Das Becken hat einen Inhalt von 5.500 cbm. Der Stausee liegt 485 m hoch, das Kraftwerk in einer Höhe von 274 m. Vom Stausee bis zum Kraftwerk wurde eine 1,9 km lange Holzrohrleitung verlegt. Sie verläuft über der Erde und ruht auf einem Bruchsteinmauerwerk. Diese Leitung wurde zwischenzeitlich durch eine Betonrohrleitung ersetzt.
In der vorderen Winterhalde steht neben der Rohrleitung ein Gedenkstein mit folgender Aufschrift:
“Deutschlands erste große Holzrohrleitung, Länge 1900 m, Durchmesser 0,5 m, Innendruck 1,2 Atmosphären, erbaut 1923 unter Bürgermeister Seifert, der Holzrohrbau AG Freiburg.”
Die Rohrleitung verläuft mit geringem Gefälle ins Wasserschloss zum Rappenberg, das 18 cbm umfasst. Vom Wasserschloss aus fällt das Wasser steil durch die Rohrleitung ins Kraftwerk.
Das Kraftwerk wurde am Laufbach nahe dem Ortsteil Au erstellt. Im Gebäude wurde eine Turbine mit 426 PS installiert, die bis auf den heutigen Tag Strom erzeugt. Der so gewonnene Strom versorgte die Ortsteile im Gebirge. Gleichzeitig wurde mit dem Überlandwerk Achern ein Vertrag geschlossen, in dem das ÜWA zusicherte, den nicht benötigten Strom abzunehmen. In einem Vertrag vom 01.06.1923 verpflichtete sich das ÜWA, das Betriebspersonal zu stellen, für den abgenommenen Strom vergütete das ÜWA 8 %.
Im Kraftwerk werden jährlich im Schnitt (man ist vom Wetter abhängig) 1,5 Mill. Kilowatt erzeugt.”
Hierzu folgender Auszug aus dem Buch “Laufer Begegnungen” von Doris Hirsch:
“1921 bis 1923 wurde das Wasserkraftwerk in Lauf gebaut und schließlich während der Inflationszeit in Betrieb genommen. Die damals geschätzten Kosten klingen für heutige Verhältnisse utopisch: 1,05 Milliarden Mark kostete das damalige Projekt. Kalkuliert wurden die Kosten mit einem Stundenlohn pro Arbeiter von 1.710 Mark. Eine ungewisse Sache, denn der Stundenlohn stieg stündlich. 180 Arbeitskräfte wurden veranschlagt. Es musste eine 55 Meter lange und sechs Meter hohe Staumauer erbaut, eine 1.592 Meter lange Hangrohrleitung mit einer Fallhöhe von zirka 210 Meter bis zur Eisernen Brücke, dort ein Wasserschloss mit Schiebervorrichtung, und im weiteren Verlauf eine 793 Meter lange Druckrohrleitung bis zum Krafthaus verlegt und gebaut werden. Damalige Wasserbeförderung: 200 Kubikmeter/Sekunde. Jahresproduktion: 1,4 Millionen Kilowattstunden. Strombedarf der Bevölkerung 50.000 Kilowattstunden. Nach vielen kleinen Reparaturen fand 1970 die erste nachhaltige Sanierung der Staumauer statt. Der See wurde damals abgesenkt. 1996 schließlich wurde ein Geröllfang beim Stausee installiert, der eine zunehmende Verschlammung des Sees in Zukunft minimieren soll. Bei dieser Sanierungsmaßnahme stellte man fest, dass das aus dem Jahr 1923 stammende Grundablassschütz in schlechten Zustand ist. Schließlich wurde 1999 ein Leerlaufschutz für die Druckrohrleitung installiert.
Die ursprüngliche Hangrohrleitung bestand aus Holzrohren. 1945 wurden diese schließlich durch Schleuderbetonrohre ersetzt. Das Wasserschloss bei der Eisernen Brücke, das so genannte Übergangsbauwerk wurde 1997 erneuert. Hier münden die Betonrohre in über 80 Jahre alte Stahlrohre, die die Druckrohrleitung bilden und im Krafthaus die Turbine antreiben. Das Krafthaus ist seit dem Bau fast in seinem Urzustand verblieben. Lediglich 1996 wurde an der Pelton-Turbine ein ausgebrochenes Schaufelrad saniert. 2001 musste wegen eines Blitzschadens der Generator erneuert und die Anlage durch einen modernen Schaltschrank automatisiert werden. 2003 war ein zukunftsorientiertes Großprojekt rund um die Wasserkraftanlage angelaufen. Es war “nur” ein Millionenprojekt, denn die Gesamtkosten beliefen sich auf 1,3 Millionen Euro. Beim Stausee wurde das Grundablassschütz erneuert, im Stauwehrgebäude wurde eine neue Rechenanlage installiert. In Zukunft soll die Stauanlage Tag und Nacht kontinuierlich betrieben werden. Ein Schwallbetrieb mit Ruhen der Stromproduktion in der Nacht und Volllaufenlassen des Stauweihers bis zum Morgen für die Wiederinbetriebnahme, wie früher üblich, gibt es seit der Optimierung der Wasserkraftanlage nicht mehr. Der Überschussstrom wird ins Netz eingespeist und von der Energieabnahmefirma vergütet.”
Die folgende Grafik verdeutlicht die Stromerzeugung in den letzten 18 Jahren.