Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
vermutlich haben Sie einen Flyer der Bürgerinitiative “Windradfreies Laufbachtal”, die nach unserem Kenntnisstand aus vier Personen besteht, in Ihren Briefkästen vorgefunden. Dieser Flyer enthält zahlreiche Aussagen, die nicht den Fakten entsprechen.
Wir wünschen uns, dass sich jede/r Wahlberechtigte anhand nachweislicher Fakten ein eigenes Bild machen und dann beim Bürgerentscheid am 9. Juni 2024 entsprechend mit “Ja” oder “Nein” abstimmen kann.
Falschdarstellungen im Flyer möchten wir im Folgenden gerne richtig und den wissenschaftlichen Fakten folgend darlegen.
Eine umfassende Information und eine transparente Entscheidungsfindung über die Verpachtung eines Grundstücks zur Errichtung einer Windenergieanlage auf Laufer Gemarkung war uns von Anfang an wichtig. Neben dem am 3. Mai 2024 flächendeckend verteilten Flyer der Gemeinde möchten wir Ihnen nun alle Fakten auflisten, für die der Flyer der Bürgerinitiative “Windradfreies Laufbachtal” anders lautende Aussagen enthält.
Abschließend bitten wir Sie darum, am Bürgerentscheid am 9. Juni teilzunehmen, damit wir ein repräsentatives Bild Ihrer Meinung zu diesem Thema erhalten. Gerne können Sie hierfür alternativ Briefwahlunterlagen bei unserer Gemeindeverwaltung beantragen.
Wir alle können Ihnen versichern, dass das Laufbachtal auch mit einem Windrad auf unserer Gemarkung lebenswert bleibt und wir alle stolz darauf wären, einen wertvollen Beitrag zur Energiewende geleistet zu haben. Mit diesem Windrad könnten wir voller Überzeugung nach außen tragen, dass wir die Menge des in Lauf verbrauchten Stroms vor Ort produzieren. Weder mit Wasserkraft noch mit Solarenergie alleine könnten wir das jemals erreichen!
In diesem Sinne hoffen wir auf Ihre Unterstützung, in dem Sie beim Bürgerentscheid mit “JA” abstimmen.
JA – zur Verpachtung eines Grundstücks zur Errichtung einer Windenergieanlage
JA – zu einem wertvollen Beitrag der Gemeinde Lauf zur Energiewende
JA – zur CO²-Neutralität der Gemeinde Lauf – zumindest in Bezug auf den Stromverbrauch
JA – zu einem positiven, langfristigen und jährlichen Beitrag für unsere Gemeindefinanzen zum regelmäßigen Einsatz für unsere sanierungsbedürftige Infrastruktur (insbesondere Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Straßen)
Mit freundlichen Grüßen
Im Namen des Gemeinderats
Bettina Kist
Bürgermeisterin und Vorsitzende des Gemeinderats
Zunächst möchten wir voranstellen, dass an der Hornisgrinde seit 30 Jahren mindestens eine Windenergieanlage betrieben wird. Bisher sind uns keine negativen Auswirkungen auf Natur, Tiere oder auf Menschen bekannt. Dies zu vermeiden, war umfangreich im Genehmigungsverfahren durch viele verpflichtende Gutachten abgeprüft worden. Die erste Generation der Windräder (damals waren es drei kleine Anlagen) wurden rückstandslos entfernt und ein neues, leistungsfähigeres Windrad im Jahr 2015 gebaut. Somit haben wir ein positives Beispiel unweit der nun geplanten Anlage auf Laufer Gemarkung. Die wichtigsten Vorteile dieses Gebiets sind der weite Abstand zur Wohnbebauung und die sehr gute Windhöffigkeit.
Eingriff in den Wald
Richtig ist, dass für die Errichtung eines Windrads im Wald unter Umständen Bäume gefällt werden müssen. Bei der Planung von Windenergieanlagen wird jedoch bereits frühzeitig darauf geachtet, dass die Planung in der Form entwickelt wird, dass möglichst wenige Bäume gefällt werden müssen. Für das Laufer Windrad wird voraussichtlich eine Gesamtfläche (Fundament, Kranstellfläche, Lagerplatz) von maximal 10.000 m² benötigt. 85 % der benötigten Fläche werden wieder renaturiert. Davon können ca. 60 % wieder aufgeforstet werden.
Dauerhaft versiegelt bleibt lediglich die Fundamentfläche von ca. 500 bis 600 m². Die Fundamenttiefe beträgt ca. 3 Meter. Zuwegung und Kranstellflächen verbleiben als wasserdurchlässige Kiesschichten.
Verglichen mit dem jährlichen Waldverlust durch den Klimawandel oder dem Anbau von Energiepflanzen ist der Platzbedarf von Windenergieanlagen verschwindend gering. Nach Betriebseinstellung und Rückbau wird die gesamte Fläche wieder in den Ursprungszustand gebracht und Bäume gepflanzt.
Windenergieanlage im Wald, Windpark Prechtaler Schanze im Kinzigtal
Flora und Fauna (sowie Vögel und Fledermäuse)
Ob und welchen Einfluss eine geplante Windenergieanlage auf Fauna und Flora hat, muss im Rahmen des Genehmigungsverfahrens aufwendig geprüft werden. Sollten geschützte Arten durch das Windrad bedroht werden, wird keine Genehmigung erteilt.
Es können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zudem auch geeignete Schutzmaßnahmen zur Auflage gemacht werden. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht hierbei z. B. saisonale Abschaltungen während der Brutzeit oder den Einsatz sog. Antikollisionssysteme (Vogelradarsysteme) vor.
Kollisionen von Vögeln mit Windenergieanlagen kommen an den meisten Standorten sehr selten vor. Auf der Hornisgrinde gab es beispielsweise in 30 Jahren Windenergienutzung keinen dokumentierten Fall von Vogelschlag.
Auerhuhn
Wenn das Laufer Windrad errichtet werden sollte, wird vom Betreiber eine Ausgleichsfläche von ca. 15 ha (auf verschiedenen Gemarkungen im Bereich der Hornisgrinde) gepachtet, auf dessen Gebiet besondere Schutzmaßnahmen für das Auerhuhn durchgeführt werden. Ohne das Windrad werden diese Maßnahmen nicht durchgeführt werden.
Beim Windrad Hornisgrinde wurden gleichfalls solche “Ausgleichsmaßnahmen” durchgeführt. Dort sind aufgrund dieser Erhaltungsmaßnahmen die Auerhuhnbestände seither stabil geblieben, während sich die Bestände im weiteren Schwarzwald halbiert haben. Mehrjähriges Monitoring durch Ornithologen belegen diese Beobachtungen.
Infraschall und Schall
Die Behauptung, dass der von der Windenergieanlage ausgehende Infraschall schädlich ist, ist nicht richtig und schon in vielen Studien widerlegt worden. Der oft zitierte Infraschall hat in dem von Windenergieanlagen erzeugten Umfang keine Auswirkungen auf den Menschen. Infraschall kommt zudem sowohl in der Natur als auch z. B. im Straßenverkehr vor.
Für weitere Informationen zum Thema Infraschall empfehlen wir folgenden Link der LUBW:
https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/erneuerbare-energien/infraschall
Damit Lärm keine negativen Auswirkungen auf Menschen hat, müssen gesetzliche Grenzwerte und somit Abstände eingehalten werden. Insbesondere bei der in Lauf geplanten Anlage gibt es keine Wohnbebauungen in unmittelbarer Umgebung und somit keine Schallbelastung für Anwohner.
Die geplante Windenergieanlage Lauf ist ca. 1,2 km vom nächsten bewohnten Haus und ca. 1,5 km von der Mitte des Ortsteils Glashütte entfernt. Der Abstand zur Ortsmitte beträgt ca. 5,5 km. Die Abstände sind mehr als doppelt so weit als gesetzlich vorgeschrieben.
Wasserschutz
Der geplante Standort befindet sich in keinem Wasserschutzgebiet und daher besteht kein Kontaminationsrisiko für die Quellen.
Vor dem Bau wird behördlich und gutachterlich geprüft, ob die Gefahr der Beeinträchtigung des Wassers möglich ist. Wenn dies der Fall ist, wird keine Genehmigung erteilt.
Weiterhin sollte bedacht werden, dass es sich bei der geplanten Windenergieanlage um eine getriebelose Anlage handelt und somit kein Getriebeöl zum Einsatz kommt. Der Einsatz von wassergefährdenden Stoffen ist bei diesen Anlagen um 2/3 geringer als bei Getriebeanlagen.
Die Erfahrungen beim Windrad Hornisgrinde haben gezeigt, dass die Quellen zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt oder “eingetrübt” wurden, obwohl sich das Windrad Hornisgrinde im Gegensatz zum Laufer Standort in einem Wasserschutzgebiet befindet.
Abrieb von Rotorblättern
Auch bei Windrädern kann es durch Abnutzung einen Abrieb an den Rotorblättern geben. Regelmäßige Wartung und Reparatur der Rotorblätter halten den Abrieb auf einem sehr geringen Niveau. Wenn es zu Abrieb kommt, handelt es sich dabei nicht um PFAS oder Carbon wie oft suggeriert wird, sondern um Plastik in sehr geringen Mengen.
Untersuchungen haben gezeigt, dass der Abrieb von Schuhen 10-mal höher, der Abrieb von Autoreifen um das 100-fache höher ist.
Tabelle Abrieb von…
Sinnvolles Energiekonzept
Windenergie ist gemeinsam mit anderen erneuerbaren Energien einer der wichtigen Pfeiler unserer heutigen, aber auch zukünftigen Energieversorgung. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist unerlässlich, um auch in Zukunft eine verlässliche und saubere Energieversorgung zu gewährleisten.
Für die Unternehmen der Region ist eine sichere und umweltfreundliche Energieversorgung Voraussetzung, um auch in Zukunft vor Ort produzieren und Arbeitsplätze erhalten zu können.
In den sozialen Medien propagieren Vertreter der Bürgerinitiative gerne den Ausbau von neuen Atomkraftwerken (auch in unserer Region), welche derzeit noch nicht einmal als Prototyp weltweit existieren.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um ein Atommüllendlager in Bühlertal ist fraglich, ob dies die bessere Alternative zu den erneuerbaren Energien ist.
Rückbau der Windenergieanlage
Die Behauptung der Bürgerinitiative, dass der Rückbau der WEA nicht geklärt ist, ist nicht richtig. Der Betreiber ist vom Gesetz her verpflichtet, nach Ende der Nutzungsdauer das Windrad inkl. Fundament abzubauen:
“Nach § 35 Absatz 5 Satz 2 BauGB muss der Vorhabenträger eine Verpflichtungserklärung (Bankbürgschaft) abgeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Zurückzubauen sind grundsätzlich alle ober- und unterirdischen Anlagen und Anlagenteile einschließlich der Fundamente.”
Für die Höhe der Rückbaubürgschaft muss ein Gutachten erstellt werden. In regelmäßigen Abständen muss die Höhe der Rückbaukosten neu ermittelt und die Bürgschaft angepasst werden. Die Bürgschaft wird beim Landratsamt hinterlegt. Im Falle der Insolvenz des Vorhabenträgers kann die Gemeinde auf diese Bürgschaft zurückgreifen.
Eine solche Absicherung ist z. B. bei Kernkraftwerken nicht gegeben. Dort gibt es keine für die Betreiber verpflichtenden Rückbaubürgschaften.
Recycling
Fundament
Die Fundamente der Windenergieanlage müssen nach Ablauf der Betriebsdauer vollständig entfernt werden und nicht – wie oft behauptet – nur bis 1 Meter unter der Geländeoberfläche.
Maschine und Rotorblätter
Eine Windenergieanlage besteht aus verschiedenen Materialien. Für die meisten von ihnen existieren bereits Verfahren für eine umweltgerechte Entsorgung oder gar ein Recycling mit Wiederverwertung. Nur das Recycling der Verbundwerkstoffe (GFK/CFK), insbesondere der Flügel, ist relativ neu. Windradflügel bestehen überwiegend aus GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff), der auch in Autoteilen, Flugzeugen und Sportartikeln verwendet wird. Selten werden auch CFK-haltige Verbundwerkstoffe (kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe) verwendet.
Jedoch gibt es inzwischen Verfahren zum Recycling von solchen Verbundstoffen.
Das Vergraben von Windradflügeln ist in Deutschland verboten. Im Internet kursieren hierzu dennoch Bilder, wo tatsächlich Windradflügel vergraben wurden. Diese stammen jedoch aus den USA (aus einem Ort namens Casper/Wyoming).
(https://energiewende.eu)
Brandgefahr
Im sehr unwahrscheinlichen Falle eines Brandes wird sofort die örtliche Feuerwehr verständigt. Brennende Windenergieanlagen werden nicht direkt gelöscht, da die Feuerwehr keine Drehleitern hat, die hoch genug reichen. Daher lässt man sie kontrolliert abbrennen und beschränkt sich auf die Sicherung des Umfeldes und die Vermeidung des Übergreifens, z. B. auf Bäume, durch Ablöschen herabfallender Teile.
Obwohl die Waldbrandgefahr in Deutschland in den letzten Jahren stetig zunahm, ist dies bisher immer gelungen. Die entstandenen Schäden beschränkten sich in der Regel auf die Anlage selbst. Insgesamt ist das Risiko eines WEA-Brandes äußerst gering, nämlich 0,01 % bis 0,04 % (zwischen 3 und 10 Anlagen pro Jahr von ca. 25.000).
Windenergieanlagen der neueren Generation haben Brandmelde- und Löscheinrichtungen, ähnlich wie Sprinkleranlagen in Hotels. Das Löschmedium wird gezielt dort eingebracht, wo sich Brandherde bilden können (z. B. Schaltschränke). So können in modernen Anlagen Brände schon gelöscht werden bevor es zu einem Großbrand kommt.
Vergütung von Strom aus Windenergieanlagen
Im Rahmen von sogenannten Ausschreibungen wird vier Mal jährlich eine bestimmte Menge an Windstrom durch die Bundesnetzagentur ausgeschrieben (z. B. 3.000 MW Leistung). Der Betreiber muss dann ein Angebot für seinen Strom abgeben – also für die Vergütung, die er über 20 Jahre garantiert bekommt. Der Höchstwert, den er erhalten kann, ist gesetzlich für das Jahr 2024 auf 7,35 ct/kWh festgelegt worden. Für Standorte in Süddeutschland gibt es, je nach Standortqualität einen Aufschlag, um den Ausbau der Windenergie in Süddeutschland zu unterstützen.
Zwischen 2018 und 2023 lag diese Vergütung in Deutschland bei durchschnittlich 4,73 – 7,34 ct/kWh. Am Standort in Lauf, der eine sehr gute Windhöffigkeit aufweist, wird nach heutigem Stand eine Vergütung von rund 7,5 ct/kWh erwartet. Diese wird über einen Zeitraum von 20 Jahren gutgeschrieben.
Der Großteil dieser Vergütung wird über den Marktwert Wind an Land aufgefüllt – also dem tatsächlichen Wert des Windstroms an der Börse. Liegt der Marktwert unterhalb der Garantie, füllt der Gesetzgeber die Differenz auf.
Im Jahr 2023 lag der Strompreis für an der Börse gehandelten Strom bei etwas über 7,6 ct/kWh. Man sieht daran sehr gut, dass sich Windenergieanlagen mittlerweile fast vollständig ohne staatliche Zuschüsse (Garantien) wirtschaftlich betreiben lassen.
Gerichtsurteil Frankreich?
Ein Gerichtsurteil, wie es das weiße Beiblatt des Flyers der Bürgerinitiative suggeriert, gibt es in dieser Form nicht. Das Gericht hat aus formellen Gründen drei Erlasse aus den Jahren 2021, 2022 und 2023 aufgehoben. Diese legen die Regeln fest, nach denen die Betreiber von Windparks überprüfen müssen, ob die Lärmentwicklung ihrer Windräder den seit 2011 geltenden Vorschriften entspricht. Nach Auffassung des Gerichts hätte es zu den Erlassen vor deren Inkrafttreten zwingend eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben müssen, da die Erlasse Auswirkungen auf die Umwelt haben. Die gesetzlichen Grenzwerte standen nicht zur Debatte, sondern die Art und Weise, wie der Schall gemessen wird, damit alle Ingenieurbüros die gleichen Standards verwenden.
Genehmigungen für Windräder in Frankreich wurden nicht aufgehoben. Ob das Beiblatt im Flyer gleichfalls von der Bürgerinitiative stammt, ist uns nicht bekannt.
Abschließend einige aus unserer Sicht positive Bürgerentscheide bzw. Bürgerbefragungen:
Gemeinde Denklingen/Bayern
Bürgerentscheid wurde im November 2022 durchgeführt. Knapp 70 % haben für den Bau von bis zu sechs Windenergieanlagen im Sachsenrieder Forst gestimmt.
Eltville am Rhein/Hessen
Bürgerentscheid wurde im Februar 2024 durchgeführt. 57 % der Bürger:innen entschieden sich für den Bau von Windrädern auf ihrer Gemarkung.
Tengen/Landkreis Konstanz
Zwei Drittel der abstimmenden Bürger haben sich beim Bürgerentscheid im März 2020 für den Bau eines Windparks ausgesprochen.
Gemeinden Au und Wittnau bei Freiburg
Das Ergebnis der Befragung Anfang 2024 ergab in beiden Kommunen mehr als 70 % Zustimmung zu einer Verpachtung von Gemeindeland für Windenergieanlagen.
Stadt Eberbach am Neckar
Der Bürgerentscheid im April 2022 ergab ein Ergebnis von 61 % pro Windkraft.
Stadt Rheinstetten
Im September 2021 haben 61 % der Abstimmenden beim Bürgerentscheid pro Windkraft abgestimmt.
…und sicherlich lassen sich noch viele weitere aus unserer Sicht positive Beispiele finden, denn nach einem Bericht des SWR gingen ab 2018 in Deutschland 74 % der Bürgerentscheide pro Windkraft aus.