Eine Dokumentation von Alfred Graf
Quellen: Monika Wey, Marita Cames, Zeitungsberichte, Zeitzeugen
Dr. Walter Wey in den 70er Jahren
Im August 1946 legte Dr. med. Walter Wey in einem Holzhaus am Laufbach die Grundlage für eine Landarztdynastie, die weit über die Ortsgrenzen hinaus einen guten Ruf hat. Heute praktiziert in dritter Generation Dr. med. Stephan Wey, Sohn von Dr. med. Michael Wey in einer modernen Praxis an der Laufbachstraße.
Dr. Walter Wey wurde 1915 am 10. April auf der Insel Sumatra geboren. Die Mutter war Japanerin, der Vater stammte aus Mannheim. Er arbeitete auf Sumatra im Auftrag einer holländischen Tabakhandelsfirma. Nach dem frühen Tod seines Vaters kam Walter nach Mannheim, wo er bei seiner Großmutter und seinen Verwandten aufwuchs. Walter Wey war in jungen Jahren ein leidenschaftlicher Sportler, besonders im Handball brachte er es zu beachtlichen Leistungen. Nach dem Abitur begann Walter 1935 in Heidelberg sein Medizinstudium. Während dieser Zeit lernte er bei einer Vorlesung seine künftige Frau Lenchen Maria Peter aus Achern kennen. Sie heirateten 1939, aus der Ehe gingen drei leibliche Kinder hervor: Sohn Michael und die Töchter Monika und Martina. Außerdem wurde noch ein einjähriges Mädchen namens Eva adoptiert.
1940 legte er in Heidelberg sein Staatsexamen ab, bevor er 1941 eingezogen wurde. Sein Weg führte ihn nach Russland, wo er als Militärarzt diente. Nach dem Krieg war der Bedarf an Hausärzten sehr groß. Dr. Wey bekam Angebote aus Österreich, Schweden und Deutschland (Schwarzach und Lauf), eine Hausarztpraxis zu eröffnen.
Lenchen Wey in den 50er Jahren
Seine Wahl fiel auf Lauf, obwohl die Unterkunft hier nicht so optimal war. Es war eine französische Holzbaracke am Laufbach, die später noch einen Anbau erhielt. Die Alternative wäre ein schönes Haus in Schwarzach gewesen, aber die pittoreske Landschaft am Schlangenpfädle gefiel Lenchen Wey so gut, dass sie Lauf den Vorzug gaben. 1946 eröffnete Dr. Wey in Lauf seine Praxis. Am Anfang war alles noch recht provisorisch und schwierig. Ein Jahr später verlegte man die Praxis in die zweite Etage in das Haus Falk (Küfers) in die Hauptstraße.
1956 baute Dr. Wey mit seiner Frau Lenchen auf dem Fundament des alten Holzhauses am Schlangenfädle ein neues Wohnhaus mit Praxis. In der Zwischenzeit wohnte man in dem kleinen Haus neben der Praxis bei Martha Falk.
Die erste Arzthelferin in der Praxis war Marita Häusler, sie wurde als junges Mädchen quasi als Pflegetochter in die Familie Wey aufgenommen. So kam es, dass Marita in der Familie Wey schon früh alles lernte, was in einer Hausarztpraxis wichtig ist. Nach Beendigung der Handelsschule wurde Marita von Dr. Wey als Arzthelferin ausgebildet. Mit 17 war sie dann als Arzthelferin die rechte Hand von Dr. Wey, indem sie sowohl alle schriftlichen sowie viele medizinischen Aufgaben übernahm. Vor allem verstand es Marita gut, einfühlsam den Kindern die Angst vor dem Onkel Doktor zu nehmen, und sie war dann bis zur Geburt ihres ersten Kindes1966 in der Praxis beschäftigt. Die Verbundenheit und Dankbarkeit zur Familie Wey besteht bis zum heutigen Tag, sagt Marita Cames.
1957/1958 wurde dann die neue Praxis, an die eine private Entbindungsstation angegliedert war, eröffnet. Dr. Wey betrieb diese Entbindungsstation zusammen mit seiner Frau, die Säuglingsschwester war, und den Hebammen Barbara Trapp und Martha Steimel bis 1967. In dieser Zeit erblickten dort nahezu 600 Kinder das Licht der Welt. Leider musste 1967 die Entbindungsstation aufgegeben werden, weil Frau Wey durch einen schweren Reitunfall gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, diese verantwortungsvolle Aufgabe wahrzunehmen. Frau Lenchen Wey war eine gute Ergänzung zu ihrem Mann, sie engagierte sich auch sehr umtriebig im Turnverein Lauf, wo sie 1953 eine Frauen- und Mädchenriege gründete.
Dr. Wey war nicht nur ein guter Hausarzt und Geburtshelfer, auf den man sich jederzeit absolut verlassen konnte, er war ein Glücksfall für die Laufer Gemeinde. Es gab früher den Spruch, dass der Bürgermeister, der Pfarrer, der Lehrer und der Arzt in einem Dorf die wichtigsten Instanzen sind, um eine Gemeinde zu stabilisieren und voranzubringen. Walter Wey war ein geselliger Mensch, er suchte den Kontakt zu den Menschen. Da er den Handballsport nicht mehr ausüben konnte, suchte er mit seiner Frau im Tanzsportverein Achern einen Ausgleich. Er spielte in seiner Freizeit auch gerne Skat, seine Partner waren damals der Schuldirektor Hamann und der Gemeindepfarrer Eugen Braun. Die Patienten liebten seine direkte, offene Art. In späteren Jahren erweiterte Dr. Wey seine Tätigkeit als Hausarzt mit dem Angebot als Psychotherapeut.
Dr. med. Walter Wey bei der Reiterprozession in Lauf 1969
Obwohl Dr. Wey als Arzt und Geburtshelfer einen ausgefüllten Alltag zu bewältigen hatte, war er von 1951 bis 1961 Vorsitzender des ärztlichen Kreisvereins Bühl/Baden-Baden. Außerdem war er als Bereitschaftsarzt für den DRK-Ortsverein Lauf tätig. Er leitete DRK-Kurse und hielt Vorträge. Besonders sein Engagement, hier in Lauf einen Verkehrsverein zu gründen, ist noch vielen Laufern Bürgern in guter Erinnerung. Tatkräftig unterstützte er dabei eine kleine Gruppe von Idealisten beim Aufbau und der Organisation des Verkehrsvereins, sowie der Gründung und Herausgabe des Laufer Nachrichtenblatts, und er setzte sich für die Schlossrenovierung ein. Dr. Wey war selbst einige Jahre von 1954 an Vorstand des Laufer Verkehrsvereins, dabei war ihm die Entwicklung des Fremdenverkehrs sein besonderes Anliegen.
1964, im Alter von 49 Jahren, zwang ein Herzinfarkt Dr. Wey, kürzer zu treten. Auch für die anderen Ortsvereine hatte Dr. Wey große Wertschätzung, indem er den Gesangverein und Harmonikaverein passiv unterstützte. Seine Leidenschaft galt vor allem dem Reitsport. Die Familie Wey kam durch Kontakt mit Frau Pfitzner (Tochter von Franz Papen) aus Obersasbach mit dem Reitsport in Verbindung. Lange Jahre hatte Dr. Wey den Vorsitz des Reitvereins “St. Leonhard Ottersweier” inne, der von ihm gegründet worden war. Auch in Lauf hat er sich sehr für den Leonhardusritt engagiert.
Am 1. Januar 1975 übernahm sein Sohn Michael die Praxis. Dr. Wey hatte nun Zeit, sich mit dem zu beschäftigen, was ihm am meisten Freude machte: das Reiten und der Umgang mit Pferden. Auf einem kleinen Hof der Familie Wey in Bayern waren dafür die idealen Voraussetzungen.
Dr. Wey war immer ein sehr humanistisch eingestellter Mensch, deshalb hat er sich in seinem Ruhestand auch noch in der Organisation Amnesty International engagiert, um sich für Menschenrechte einzusetzen. Leider starb Dr. Wey am 15. Februar 1982 mit 67 Jahren völlig überraschend. Dr. Walter Wey hat sich nicht nur als Arzt große Verdienste erworben, sondern auch durch sein Engagement im Laufer Vereinsleben.
Er war ein Mensch für Menschen, der aus christlicher Sicht seinen Beruf einfühlsam ausgeübt hat. Viele Laufer Bürger erinnern sich heute noch gern an diesen liebenswerten Mann und kompetenten Arzt.